Modellprojekt „Lebendiger Leukbach
Nutrias in der Villa Borg: Die pelzigen Philosophen vom Leukbach
TEIL 1–16: Rückblick
TEIL 17: Modellprojekt „Lebendiger Leukbach“ – Auf dem Weg zu einer neuen Uferkultur
Nach dem intensiven Stammtischabend im Gasthaus Scherer setzte sich am nächsten Morgen ein kleiner Kreis im Büro der Villa Borg zusammen.
(...)Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Tourismus, Naturschutz und Bildung besprachen, was man aus der Debatte konkret machen könnte.
Daraus entstand die Idee zum Modellprojekt „Lebendiger Leukbach“ – ein Pilotversuch, bei dem Naturschutz, kulturelles Erbe und regionale Identität Hand in Hand gehen.
1. Ziele des Projekts
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Wiederherstellung naturnaher Uferstrukturen
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Aufwertung des Leukbachs als ökologisches und pädagogisches Band durch die Villa Borg
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Etablierung von Begegnungsräumen zwischen Mensch und Natur
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Einbindung der Bevölkerung in Pflege und Nutzung
2. Erste Maßnahmen (Phase I)
Die erste Umsetzungsphase umfasst drei zentrale Bausteine:
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Renaturierung einzelner Uferabschnitte: Entfernen von Betonbefestigungen, Schaffung von Flachwasserzonen, Bepflanzung mit heimischem Röhricht
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Installieren von Beobachtungs- und Lernpunkten: Holzplattformen, Infotafeln mit historischen und biologischen Inhalten, kleine Rastplätze mit Bänken
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Einbindung von Schulen und Vereinen: Pflegeaktionen, Führungen, Gewässeranalysen durch Kinder und Jugendliche
3. Der „Römerpfad am Wasser“
Parallel zum archäologischen Rundgang der Villa entsteht ein ergänzender Weg: der „Römerpfad am Wasser“. Dieser verbindet Geschichte, Gegenwart und Natur.
Stationen zeigen, wie die Römer mit Wasser umgingen, was heute anders ist – und was wir vielleicht neu lernen sollten. Ein Highlight: ein interaktives Brückenmodell mit beweglichem Wehr, basierend auf römischen Quellen.
4. Die Nutria als Vermittlerin
Zwar steht sie nicht offiziell im Zentrum des Projekts, doch die Nutria bleibt präsent. Als Tier, das Fragen aufwirft.
Als Symbol für Veränderung. Als heimlicher Star vieler Begegnungen am Wasser.
Eine Kunstinstallation mit dem Titel „Uferwesen“ ist in Planung: lebensgroße Nutria-Skulpturen aus Holz und Lehm entlang des Weges.
Jede trägt ein anderes Thema – von Artenvielfalt bis Flutrisiko.
5. Finanzierung und Förderung
Das Projekt wird unterstützt durch:
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Landesmittel für Umweltbildung
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EU-Fördergelder im Rahmen des LEADER-Programms
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Spenden lokaler Unternehmen und Stiftungen
Ein Bürgerfonds soll zusätzlich kleinere Initiativen ermöglichen – etwa Pflanzaktionen oder Infoveranstaltungen.
6. Kritik und Weiterentwicklung
Natürlich gibt es auch skeptische Stimmen. Manche fürchten mehr Bürokratie als Nutzen. Andere wollen den Fokus stärker auf Hochwasserschutz legen.
Doch die Mehrheit der Beteiligten sieht den Wert des Projekts in seiner Verbindung aus Praxis und Symbolik.
„Der Leukbach war lange Randerscheinung. Jetzt wird er zum Mittelpunkt – und das ist gut so“, sagt Projektleiterin Stefanie Mohn.
Fortsetzung folgt…
TEIL 18: Dissertation – Mensch und Tier in der Antike: Das Verhältnis der Römer zu Wildtieren am Beispiel der Villa Borg
Einleitung
Diese Dissertation untersucht das Verhältnis zwischen dem Menschen der römischen Antike und Wildtieren mit besonderem Fokus auf archäologische Funde und kulturelle Kontexte rund um die Villa Borg.
Ausgehend von aktuellen Beobachtungen am Leukbach – insbesondere der Nutria-Problematik – wird das historische Wissen über Wildtiere in der Antike analysiert und mit heutigen Fragestellungen in Bezug gesetzt.
Kapitel 1: Der römische Umgang mit Wildtieren – ein Überblick
Römische Autoren wie Plinius der Ältere, Varro und Columella befassten sich intensiv mit Tierhaltung, Jagd und den medizinischen Eigenschaften tierischer Produkte.
Wildtiere galten als Ressourcen, Statussymbole und mythologische Chiffren. Die Jagd hatte nicht nur praktischen, sondern auch sozialen und rituellen Wert.
Gleichzeitig wurden Tiere in der Literatur und Kunst idealisiert oder symbolisch aufgeladen.
Kapitel 2: Archäozoologische Funde in der Villa Borg
In der Villa Borg wurden zahlreiche Knochenfunde analysiert. Neben klassischen Haustieren lassen sich Spuren von Wildarten wie Rehen, Wildschweinen und Hasen nachweisen.
Der Fundkontext legt nahe, dass Wildbret Teil der Ernährung wohlhabender Haushalte war.
Belege für Tiere wie Fischotter oder Biber fehlen bisher, was jedoch auch an der spezifischen Ausrichtung der bisherigen Grabungen liegen könnte.
Kapitel 3: Symbolik und Funktion – Tiere in der römischen Villa
Tiere waren in römischen Villen nicht nur Nutzobjekte, sondern auch Teil eines kulturellen Selbstbildes.
Mosaike, Skulpturen und Wandmalereien zeigen Szenen aus der Jagd, der Mythologie oder der Naturbeobachtung.
Die Tierwelt diente als Projektionsfläche für Ordnung, Macht und Zivilisation. Exotische Tiere wurden in den Gärten reicher Römer zur Schau gestellt. Der Umgang mit Fauna war stets auch eine Machtdemonstration über Natur.
Kapitel 4: Biber, Castoreum und medizinische Nutzung
Der Biber war den Römern bekannt, insbesondere wegen des als Heilmittel geschätzten Castoreums.
Plinius beschreibt detailliert seine Gewinnung und Anwendung gegen Fieber und Krämpfe.
Trotz medizinischer Bedeutung fehlen bislang archäologische Nachweise für seinen aktiven Fang in Gallien oder Germanien.
Dies deutet auf einen selektiven Import oder eine gezielte medizinische Nutzung hin.
Kapitel 5: Vergleich zu heutigen Mensch-Tier-Beziehungen am Beispiel der Nutria in Borg
Die Nutria, ein ursprünglich aus Südamerika stammendes Tier, ist heute Symptom für veränderte ökologische und kulturelle Rahmenbedingungen.
Während die Römer Tiere mythologisierten oder domestizierten, stehen wir heute vor Fragen der Kontrolle, Koexistenz und Verantwortung.
Der Umgang mit invasiven Arten ist ein Spiegelbild moderner Gesellschaften, die zwischen Schutz, Nutzung und ethischer Reflexion balancieren.
Schlussfolgerung
Die römische Welt betrachtete Tiere als Teil eines umfassenden Kosmos – wirtschaftlich nutzbar, religiös bedeutsam und kulturell präsent.
Die heutige Wiederbelebung dieser Perspektiven am Beispiel der Nutria in der Villa Borg ermöglicht nicht nur neue Formen von Umweltpädagogik, sondern auch eine vertiefte historische Reflexion über Mensch, Natur und Wandel.
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