Rundgang mit dem Grabungssklaven
Rundgang mit dem Grabungssklaven
Bericht über das Zweite Nebengebäude - Eine Zeitreise in die Römische Vergangenheit
Ich grüße euch, oh ihr, die ihr lauscht! Ein Kind von sieben Wintern, ein römischer Sklave meiner Tage, spricht zu euch in den Tönen vergangener Jahrhunderte:
Wisset, wisset! Aus dem Munde eines Kindes von sieben Sommern, das aus der Zeit der Römer stammt und ein Sklave seiner Pflichten ist, wird solch eine Kunde euch zuteil:
In jenem Bau, genannt Nummer 2, geschieht gegenwärtig unser Werk. Seit der Herbst des Jahres 2010, durchsetzt von Pausen, wird das zweite Nebengebäude von siebzehnen insgesamt geöffnet. Es ist ein nüchternes Gemach, samt Herdstätte, jedoch bei weitem nicht von solchem Glanz wie der Herd im Raum der Mächtigen. Es dient den niedrigen Händen. Im Norden des Baus wurden viele Teile von Handmühlen ans Tageslicht befördert, jenen Mühlen, die das Korn in Mehl verwandelten. Im Innern dieses Hauses wurden viele Feuerstellen dokumentiert: Sechs offene Feuerstellen auf der Höhe des Bodens, von denen fünf fast am selben Platz, westlich der Mitte des Baus, ruhten (nur die erste Feuerstelle ist auf der Karte verzeichnet). Doch verstehet, nicht alle Flammen loderten gleichzeitig.
Die jüngste Feuerstätte ward überdeckt von vier Dachziegeln. Gemäß der Keramikfunde schätzen wir ihre Entstehung zur Mitte bis zur zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts. Die nächstältere Herdstätte schmückte eine Grenzwand aus zwei Reihen aufrechter Ziegelplatten. Die zugehörige Keramik stammt aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts.
Die Herdstätten 3 und 4 darunter sind gleichaltrig und ihre östlichen Ränder zogen eine Linie. Die Oberfläche von Herdstätte 3 bestand aus zerbrochenen Ziegelplatten, welche wie ein Mosaik angeordnet waren. Bei Herdstätte 4, nördlich von Herdstätte 3, handelte es sich um eine große, viereckige Tonscheibe von sechzig Daumenbreiten Seitenlänge. Östlich von Herdstätte 3 fanden wir eine Vertiefung im Boden, umrahmt von Steinen, welche auf einer Platte aus Taunusquarzit endete. Dieser Fund deutet auf den Fuß einer Konstruktion hin, an welchem ein Kessel an Ketten aufgehängt war, um über dem Feuer bewegt zu werden. Die Herdstätten 3 und 4 fanden ihren Ursprung im zweiten Jahrhundert.
Unter ihnen entdeckten wir eine fünfte Herdstätte, welche vermutlich aus dem ersten Jahrhundert stammt. Anders als die anderen, ward sie aus Kalkstein errichtet.
Der große Raum, der dreizehn Mal zehn Schritte maß, hatte zwei Anbauten: Einen im Süden und einen im Osten. Der östliche Anbau unterschied sich vom Rest des Raumes, denn er trug einen Boden aus Terrazzo (Zementestrich mit roten Ziegelstücken), im Gegensatz zu den erneut getrampelten Lehmflächen. Vermutlich bewahrte man hier Nahrung, um sie vor Feuchtigkeit und Mäusen zu schützen.
Gleich wie das erste Nebengebäude, war auch das zweite Vorläufer eines Vorgängergebäudes aus Holz (braun, etwa sieben Mal acht Schritte), verankert im Boden durch vier mächtige, schräg stehende Pfosten. Der Pfosten im Südwesten wurde mittels Dendrochronologie datiert, dies sei das Zählen der Jahresringe des Baumstammes, um sein Alter zu ermitteln. Gemäß den Erkenntnissen aus Nebengebäude 1 könnte dies um die Zeit der Geburt Christi geschehen sein.
Südöstlich von Nebengebäude 2 wurde der gepflasterte Weg, welcher die Nebengebäude verband, zweimal angetroffen. Westlich und nördlich von Nebengebäude 2 führte ein Kanal zur Ableitung von Wasser, denn schon zu jener Zeit war dieser Ort allzu nass. Die Wände des Kanals bestanden aus Kalkstein und wurden bedeckt mit Platten aus Taunusquarzit.
Die Anfänge von Nebengebäude 2, sei es auch als einfacher Pfostenbau, datieren in die Jahre um Christi Geburt. Das Gebäude scheint, gemäß den bisherigen Erkenntnissen aus der Keramik, wohl gegen Ende des dritten Jahrhunderts aufgegeben worden zu sein.
Die Ausgrabungen setzen fort, und sie können besichtigt werden während der Öffnungszeiten der Villa Borg. Der verantwortliche Grabungssklave wird auch eure Fragen gerne beantworten.
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